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2019: Odyssee beim TÜV

Oktober 2019.

Durch Zufall kam ich an einen Satz neuer „Solitude“ Felgen, die nach einer VW-Händlerinsolvenz versteigert wurden.
Allerdings in 6 x 14 Zoll ET 38, ab Werk auf dem Polo Classic 6KV montiert.
Dort hatten sie nie die Bezeichnung „Solitude“, nur das selbe Design wie die 6 x 15 ET 45 „Solitude“ vom Polo 6N1.
Da ich auf dem Alltagspolo schon länger Alufelgen für den Winter haben wollte, war also jetzt die richtige Gelegenheit gekommen.
Im Sommer 6 x 15er und im Winter 6 x 14er Solitude’s.

Ich war seit 1997 schon sehr oft beim TÜV und diversen anderen Prüforganisationen zum Eintragen diverser Tuning- und Zubehörteile. Dieses flaue Bauchgefühl war immer mit dabei.
Beim Kauf der Felgen machte ich mir nicht wirklich viele Gedanken um das Eintragen dieser Felgen bei meinem Alltagspolo, da er das Serienfahrwerk hat und meiner Meinung nach kein Grund dagegen sprach, maximal die andere Einpresstiefe, aber dafür gibt es ja schließlich Einzelabnahmen nach §21.
Dachte ich.

Also ab zur Dekra hier um die Ecke mit einem ETKA-Ausdruck über die Herkunft (Polo Classic 90er Jahre), und ELSA-Ausdruck über die Traglast (450 kg), um zu erfragen ob man mir diese Felgen eintragen würde, bevor ich die Winterreifen dafür kaufe.
Erster Fail, 21er Abnahmen dürfen die nicht machen, zumindest keiner in dieser Station.
Bei der Dekra Essen wohl nur zwei oder drei Leute von mehreren Hundert, aber keiner in dieser winzigen Prüfstation.

Also ab zu einer TÜV-Nord Prüfstation in Essen.
Zweiter Fail, die haben keinen in der Filiale der 21er Abnahmen machen darf. Ich solle es mal in der Station XY probieren, dort wäre immer ein Prüfer der das darf.

Also ab zu zur zweiten TÜV-Nord Prüfstation in Essen.
Der Herr war nett und hilfsbereit, aber er wollte mehr Unterlagen sehen, den sogenannten Impacttest der Felge bzw. alternativ, weil’s ja eine VW-Werksfelge ohne Papiere/Teilegutachten ist, erstmal weitere Unterlagen bezüglich der Reifengrößen die am Polo Classic auf dieser Felge montiert waren. Ich habe nicht weiter nachgefragt.
Die zweite Forderung nach den Reifengrößen konnte ich mit Hilfe eines weiteren
ELSA-Ausdrucks meines VW-Händlers erfüllen.
Zwei Tage später wieder hin, dann der dritte Fail.
Aus den Papieren ging hervor dass beim Polo Classic auf dieser Felge ein 185/60er Reifen montiert war (er ist diesbezüglich mehr verwandt mit dem Golf 3), und das war das Aus für die Eintragung bei diesem Prüfer.
Wäre die Flanke des Reifen der auf die Felge kommt gleich oder größer als die des Werksreifen der auf dieser Felge war, wäre die Eintragung kein Problem gewesen.
Da mein Reifen aber eine kleinere Flanke hat, wollte er nun den Impacttest sehen, der nachweist dass bei einem Seitenaufprall, z.B. gegen eine Bordsteinkante, die Felge steif genug ist und nicht bricht.
Diesen Impacttest konnte ich ihm nicht bieten.
Er sah weiter keinerlei Chance dass er mir die Felgen mit diesen Reifen einträgt.
Ich könne ja zehn weitere dieser Felgen kaufen und diese zum Impacttest geben.
Gut, dies meinte er nicht wirklich ernst.

Also ab zu zur dritten TÜV-Nord Prüfstation, in einer Nachbarstadt, in der auch nur an bestimmten Wochentagen ein Prüfer ist der nach §21 abnehmen darf.
Ich legte ihm gleich alle Papiere vor die ich hatte, mit Ausnahme der Reifengrößen vom Polo Classic.
Er war wirklich nett und hilfsbereit, er notierte sich erstmal alle Daten, was ich habe und was ich will, welche Räder eingetragen sind etc. und suchte sogar ein Vergleichsgutachten einer
x-beliebigen Zubehörfelge mit identischen Maßen und identischer ET, um die Auflagen zu sehen, worauf bei einer Eintragung zu achten wäre.
Anschließend meinte er dass er mir die die Felgen mit meiner Bereifung auf meinem Polo eintragen würde, ich also losgehen und neue Reifen aufziehen lassen könne.
Dies Tat ich dann auch, es wurden Continental Winter Contact TS 860 in 185/55 aufgezogen,

und drei Wochen später saß ich dann wieder in dieser Filiale mit einem Termin beim selben Prüfer.
Vierter Fail, dieser Prüfer war an diesem Tag leider krank.
Ein anderer Prüfer mit 21er Abnahmegenehmigung nahm sich meiner an.
Viel Gerede… es fehlte auch für ihn der Impacttest.
Meine Einwände dass der andere Prüfer mir diese Felgen/Räder abnehmen wollte, halfen nichts. Er könne sich nicht vorstellen wie der andere, an diesem Tag kranke Prüfer, die Eintragung ohne Impacttest vornehmen wolle. Die haben alle ihre Vorschriften und deren Eintragungen werden schonmal von der Hauptstelle einer Prüfung unterzogen, ob auch alles mit rechten Dingen zugeht. Also wieder Tschüssikowski unverrichteter Dinge nach Hause, aber mit einem Termin beim kranken Prüfer zwei Wochen Später.

Ich also zwei Wochen später wieder hin und der gewünschte Prüfer war auch anwesend und wie beim ersten Mal sehr hilfsbereit.
Auf seine Fragen wieso ich ausgerechnet zu ihm komme, und nicht in Essen zum TÜV fahre, meinte ich nur dass ich schlechte Erfahrungen mit anderen Prüfern gemacht, und schon eine kleine Odyssee hinter mir habe, mehr nicht.
Dass ich, während er in aller Ruhe alle mitgebrachten Papiere studierte, klatschnass durchgeschwitzt war, dürfte dem Leser wohl klar sein.
Endet hier und heute eine lange Reise, oder bekomm ich wieder eine Abfuhr?
Nach dem Begutachten, dem Verschränkungstest und dem sehr ausführlichen Fotoshooting auf der Hebebühne, frug er noch seinen Auszubildenden oder Studenten was man noch bei dieser Abnahme beachten müsse.
Als dann das Wort Impacttest den Mund des Auszubildenden verließ, dachte ich es ist alles aus. Aber er sagte lediglich dass der Impacttest erst ab einer bestimmten Traglast „zum tragen“ käme.
Da staunt der Laie, und der Fachmann wundert sich.
Mein Puls sank wieder unter 180 bpm.
Schließlich die Erlösung, ich bekam alle Papiere ausgehändigt, Text in Zeile 22:
zu (15.1) u. (15.2) : auch genehm. vuh 185/55R14 a. original-LM-Felge 6Jx14 ET38 ,Herst.:BBS , Kennz.: 6K0 601 015M***
Für diese Eintragung zahlte ich 122 Euro.
Um die viele Nerven, den vielen Schweiß und noch mehr Ärger tat es mir mehr leid.

Ich war zwar erleichtert alles hinter mir zu haben, aber trotzdem war ich sehr verwirrt bezüglich des Impacttests.
Ich finde es nicht richtig dass man von verschiedenen Prüfern verschiedene Aussagen dazu erhält, wie sieht denn das aus? Das geht meiner Meinung nach gar nicht.
Um mir endgültige Gewissheit zu verschaffen und eine eindeutige offizielle Aussage zu bekommen, schrieb ich den TÜV-Nord an und erbat weitere Informationen zum Impacttest.
Ich frug wann dieser nötig sei, erst ab einer bestimmten Traglast oder ab einem bestimmten Baujahr des Teils und/oder des Fahrzeugs (wie ich es bereits von privat im Internet las), welche Angaben und Details dafür eine Rolle spielen, und ob der TÜV bundesweit, oder nur der TÜV-Nord diesen Test fordert.
Als Antwort wurde mir geschrieben:

Sehr geehrter Herr L…..,

die „Richtlinie zur Prüfung von Sonderrädern“ ist in der heutigen Fassung (mit Impacttest) am 01.04.2000 in Kraft getreten. Das heißt, dass Fahrzeuge und Räder, die vor diesem Datum erstmals in den Verkehr gekommen sind, den Impacttest nicht nachweisen müssen.

Für die Reifengröße 185/60R14 a. Felge 6Jx14 ET 38 sende ich Ihnen die Auflagen für ein Rad identischer Geometrie.

Mit freundlichen Grüßen

Auf der einen Seite freut mich diese eindeutige Antwort, auf der anderen Seite denke ich, hätten die ersten Prüfer das gewusst, wären mir viel Zeit, Ärger und Mühen erspart geblieben.

Seit dem fahre ich endlich auch im Winter Solitude Felgen.